Walter Kofler, Innsbruck:Sexualität und EvolutionEs geht dabei um Sexualität und Evolution - aus einer "erweiterten Sicht". Der Inhalt: Bei einer "erweiterten Sicht des Menschen als sozialem Wesen" wird es hilfreich, nicht nur von der Evolution seiner materiellen Eigenschaften, sondern auch seiner immateriellen auszugehen. Nimmt man eine monistische ontologische Sicht an - was am bequemsten ist, da man sich dann keine Gedanken um die Art der Verknüpfung zweier grundsätzlich unterschiedlichen "Substanzen" machen muss - und gibt den Physikern recht, dass alle beobachtbare Natur ausschließlich aus Quanten (und den daraus abgeleiteten Einheiten) besteht, muß man diesen - bislang nur physikalisch charakteristierten - "kleinsten beobachtbaren Ausgangseinheiten" auch die nicht physikalisch fassbaren Ausgangseigenschaften zuerkennen, dank der es eine materiell/immateriell verschränkte Evolution gegeben hat. Dieser Zugang eröffnet die Möglichkeit, sowohl die unabhängig vom Menschen gegebene Realität wie auch die von ihm abhängige Wirklichkeit ableitbar zu machen. Dieser Prozess kann im Rahmen des vorgegebenen Tagungsthemas natürlich nicht vorgestellt werden. Auf ihn soll aber deshalb verwiesen werden, weil dadurch einsichtig wird, dass die für den Menschen konstitutiven Aktivitäten - und daher auch z.B. Sexualität - im Zuge eines derartigen Prozesses aus Vorstufen entstanden sein müssen, die Spezifikationen allgemeiner Grundsätze sind. Dies könnte Anlass dafür sein, derzeit allgemein gültige bilogische Grundannahmen zum Wesen der Evolution zu hinterfragen.Das klassische Evolutionsverständnis geht auf Darwin und die modernen Genetiker ("Darwin-Morgansche Sicht") zurück. Es wurde für den Sonderfall der Entwicklung von Arten entwickelt. Im Zentrum der Evolution stehen der Kampf ums Überleben und der Erfolg durch eine möglichst grosse Zahl an Nachkommen trotz und dank Mutation und Selektion. Nicht selten findet man Formulierungen, wonach sogar sehr niedrige Lebewesen ihre Handlungen gezielt auf möglichst große Nachkommenschaft ausrichten. Analysiert man den evolutionären Prozess grundsätzlicher, bewähren sich Annahmen, die das Erreichen von WIN-WIN Lösungen ermöglichen. Demnach persistieren Ansätze, dank der die Akteure ihre subjektiven Prioritäten besser erreichen können. Die Erhaltung der Art wie alle anderen evolutionären Ergebnisse sind dagegen sozusagen die "nicht intendierten Konsequenzen" intendierter Handlungen. Unterstellt man, dass die Ausübung sexueller Tätigkeiten bei Lebewesen angenehme Empfindungen nach sich ziehen, kann in diesen der eigentliche Grund für sexuelle Aktivität gesehen werden. Da diese angenehmen Empfindungen die Nebenwirkung hatten, dass damit Nachkommen gezeugt wurden, sind diese Lebewesen nicht ausgestorben. Ein Schicksal, das anderen nicht erspart blieb, wenn deren Erfüllung von Empfindungswünschen ohne Nachkommen geblieben ist. Eine solche Sicht sollte es einsichtiger machen, dass es so wenige Menschen gibt, die Sexualität mit dem Ziel der Zeugung ausüben, obwohl der Homo sapiens wohl ein Erkennisniveau auch über den Zusammenhang zwischen Verhalten und Zeugung hat. Es beseitigt auch das Dilemma, das man den niedrigsten Lebewesen wesentlich zukunftsorientiertes intendiertes Verhalten und entsprechende Kenntnisse unterstellen müßte, als wir dies dem Menschen als "Krone der Schöpfung" vernünftiger Weise zubilligen.
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