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Günter Burkart, Lüneburg:

Selbstdarstellung und Sexualität

Ausgangspunkt ist die These, daß kulturelle Muster der Selbstthematisierung wichtiger geworden sind. Die inzwischen weit ausgefächerte "Psychoszene" hat Diskurse und Formen der Selbstthematisierung hervorgebracht und intensiviert, die es in diesem Umfang wohl noch nie gab. Vor allem sind die entsprechenden Diskurse der Selbstverwirklichung und Selbstfindung tief in den Alltag diffundiert, jedenfalls in den Bildungsschichten, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung stetig gewachsen ist. Mit dem Psycho-Diskurs wurden die Geständnis- und Bekenntnisformen verfeinert und verästelt. Eine breite Schulung in Selbstreflexionstechniken ist in Gang gekommen. Es gibt also, so könnte man sagen, eine Gesprächskultur der Selbstthematisierung, die vielfach die Form von Bekenntnis und Geständnis, von sanktionsfreier Selbstenthüllung, annimmt. Die von Foucault diagnostizierte Bekenntniskultur hat sich ausgeweitet. Über Bekenntnisse und Geständnisse konstituieren sich Individuen als Subjekte. Diese Art von Selbstthematisierung und Selbstkontrolle betrifft nun verstärkt auch Sexualität und Intimität, die damit zunehmend zum Gegenstand von therapeutischen Diskursen werden. Im sexual-therapeutischen Diskurs geht es nun nicht mehr nur um die "sexuelle Sorge um sich", sondern auch darum, wie sich das sexuelle Selbst/"Begehrenssubjekt" (Foucault) verbessern und vervollkommnen kann. Es muß heute über die eigene Intimität gesprochen werden, und darüber hinaus muß man bereit sein, sich therapieren zu lassen, wenn die Selbsterkenntnis über die eigene Sexualität unzulänglich ist oder wenn die Selbstanalyse ergibt, daß das sexuelle Selbst unzureichend entwickelt ist.

Zur Person:

Günter Burkart, Prof. Dr. phil., geb. 16.12.1950. Professor für Soziologie an der Universität Lüneburg, seit 1998. - Studium der Soziologie und Promotion in Frankfurt/M.; Lehr- und Forschungstätigkeiten an Hochschulen und Universitäten in Klagenfurt, Berlin (Freie Universität), Philadelphia (University of Pennsylvania), Mannheim, Freiburg und Lüneburg. - Arbeitsgebiete: Familie und Paarbeziehungen, Kultursoziologie, soziologische Theorie, qualitative Methoden, Individualisierung und Selbstthematisierung, Mobiltelefon, Soziologie des Körpers und der Emotionen.

Literatur
Burkart, Günter / Cornelia Koppetsch (2001): Geschlecht und Liebe. Überlegungen zu einer Soziologie des Paares. In: Bettina Heintz (Hrsg.): Geschlechtersoziologie. Sonderband 41 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 2001, 431-453
Hahn, Kornelia / Günter Burkart (Hrsg., 2000): Grenzen und Grenzüberschreitungen der Liebe. Studien zur Soziologie intimer Beziehungen II. Opladen: Leske und Budrich
Koppetsch, Cornelia / Günter Burkart, unter Mitarbeit von Maja S. Maier (1999): Die Illusion der Emanzipation. Zur Wirksamkeit latenter Geschlechtsnormen im Milieuvergleich. Konstanz: Universitätsverlag
Burkart, Günter (1998): Auf dem Weg zu einer Soziologie der Liebe. In: Kornelia Hahn / Günter Burkart (Hrsg.): Liebe am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts. Opladen: Leske und Budrich, 15-50
Burkart, Günter (1998): Individualisierung und Elternschaft. Eine empirische Überprüfung der Individualisierungsthese am Beispiel USA und ein Systematisierungsvorschlag. In: Jürgen Friedrichs (Hrsg.): Die Individualisierungs-These. Opladen: Leske und Budrich 1998, S. 107-141
Kornelia Hahn / Günter Burkart (Hrsg., 1998): Liebe am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts. Studien zur Soziologie intimer Beziehungen. Opladen: Leske und Budrich
Burkart, Günter (1997): Lebensphasen - Liebesphasen. Vom Paar zur Ehe zum Single und zurück? Opladen: Leske und Budrich

Anschrift:
Prof. Dr. Günter Burkart
Universität Lüneburg
Postfach 24 20
D-21332 Lüneburg
eMail: burkart@uni-lueneburg.de

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