RESOLUTION

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VI. Internationale Berliner Konferenz für Sexualwissenschaft/
XIII. DGSS-Fachtagung Sozialwissenschaftliche Sexualforschung

Berlin, 25. - 27.07.1997
Humboldt-Universität

Resolution
zur ersatzlosen Streichung des § 209 öStGB


Die VI. Internationale Berliner Konferenz für Sexualwissenschaft,
zugleich XIII. DGSS-Fachtagung Sozialwissenschaftliche Sexualforschung,

veranstaltet von der Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung (DGSS) als Mitglied der World Association for Sexual Health (WAS), in Zusammenarbeit mit dem Interdisziplinären Institut für Wissenschaftsphilosophie und Humanontogenetik der Humboldt-Universität Berlin, der Deutschen Gesellschaft für Geschlechtserziehung (DGG) und der Deutschen Akademie für Sexualmedizin (ASM), unter Beteiligung namhafter Wissenschaftler aus Europa, Nord- und Südamerika sowie Asien, darunter den Präsidenten sexualwisssenschaftlicher, sexualmedizinischer und sexualpädagogischer Fachgesellschaften,

hat einstimmig die folgende Resolution verabschiedet:

Der Kongreß begrüßt es, daß die Republik Österreich im Herbst des Vorjahres zwei ihrer drei Sonderstrafgesetze für Homosexuelle aufgehoben hat.

Der Kongreß bedauert es aber zutiefst, daß die Aufhebung der Sonderregelung mit dem diskriminierenden Mindestalter für sexuelle Beziehungen zwischen Männern (§ 209 öStGB) und damit die Herausnahme gleichgeschlechtlichen Verhaltens aus dem Strafrecht an der Stimmengleichheit in der parlamentarischen Abstimmung scheiterte.

Der Kongreß zeigt sich tief betroffen davon, daß - in auffallendem Gegensatz zu der beständig sinkenden Zahl von Anzeigen - die Höhe der von den Gerichten verhängten Strafen und der Anteil der Freiheitsstrafen zunehmen, und daß immer jüngere Männer - zu einem beträchtlichen Teil sogar Jugendliche selbst - zum Ziel kriminalpolizeilicher und strafgerichtlicher Untersuchungen werden.

Der Kongreß appelliert mit größtem Nachdruck an die politisch Verantwortlichen in Österreich, nicht länger die wiederholten Aufforderungen seitens des Europäischen Parlaments der Europäischen Union, der Parlamentarischen Versammlung des Europarats sowie der klaren Empfehlung der eigenen, vom österreichischen Nationalrat gehörten Experten zu ignorieren und den in Europa weitgehend einzigartigen §209 öStGB als Überrest jahrhundertealter Vorurteile gegen gleichgeschlechtliche Liebe endlich ersatzlos zu streichen.

Die Achtung vor der Würde und Einzigartigkeit des Anderen verpflichtet dazu, Sexualität in ihren vielfältigen Ausdrucksformen anzunehmen. Die ersatzlose Streichung des § 209 öStGB wäre ein unbedingt notwendiger Schritt: sie entspräche dem gesicherten sexualwissenschaftlichen Kenntnisstand, diente der Eindämmung von AIDS sowie der Selbstmordrate unter homosexuellen Jugendlichen und wäre ein längst überfälliger Akt der Humanisierung des Lebens.

Berlin, 26. Juli 1997

Stellvertretend für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kongresses:

Rolf Gindorf
Sitzungspräsident
Vizepräsident der DGSS
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