Martin Plöderl, Salzburg:Sexuelle Orientierung: Psychische Gesundheit und SuizidalitätDie österreichische Pilotstudie ("Sexuelle Orientierung, Suizidalität, psychische Gesundheit und damit assoziierte Risikofaktoren") vergleicht erstmals im deutschsprachigen Raum ausführlicher schwule, lesbische, bisexuelle (SLB) und heterosexuelle (HeS) erwachsene Personen bezüglich Indikatoren für Suizidalität (Suizidgedanken und -versuche) und psychische Gesundheit (Depressivität und andere Symptome). Weiters werden verschiedenste SLB-spezifische Risikofaktoren (RF) wie z.B. Diskriminierung, Offenheit und Akzeptanz im sozialen Netz oder internalisierter Homophobie und allgemeiner RF wie z.B. Hoffnungslosigkeit, Selbstwert, Substanzmissbrauch, soziale Unterstützung und ihr Zusammenhang mit Suizidalität und psychischer Gesundheit analysiert. Ein Vergleich von N = 358 SLB-ProbandInnen mit einer nach Alter, Geschlecht und Schulbildung parallelisierten HeS-Stichprobe ergab eine erhöhte Suizidversuchsrate bei SLB-Männern (Odds-Rate [OR] 7.0, 95% Konfidenzintervall [CI] 2.1-23.5) und Frauen (OR = 9.2, CI = 2.1 - 40.5). Alle anderen Indikatoren für Suizidalität und psychische Gesundheit sind bei SLB ProbandInnen ebenfalls negativer ausgeprägt. Die meisten SLB-spezifischen und unspezifischen RF korrelieren signifikant mit Suizidalität und psychischer Gesundheit, die Effektstärken SLB-spezifischer RF sind jedoch eher klein. Die Stresshypothese, nach der SLB im Vergleich zu HeS-ProbandInnen ausgeprägtere unspezifische RF hätten, konnte nur bedingt bestätigt werden, denn nur für einige RF fanden sich statistisch signifikante Unterschiede mit kleinen Effektstärken. Die Vulnerabilitätshypothese, die höhere Zusammenhänge von unspezi- fischen RF mit Suizidalität und psychischer Gesundheit bei SLB im Vergleich zu HeS Personen vermuten lassen würde, konnte nicht bestätigt werden. Andere theoretische Modelle und Probleme der Risikofaktorenforschung werden diskutiert.
Zur Person: |