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Michael J. W. Angermaier, Frechen (Germany):
Das Verständnis der homosexuellen Entwicklung als Ausdruck der
Systemliebe nach den Erkenntnissen der systembezogenen Psychotherapie
Bert Hellingers. Mit den epochemachenden Erkenntnissen der
systembezogenen Psychotherapie Bert Hellingers treten völlig neue und
gleichzeitig sehr alte Konzepte für das Verständnis der menschlichen
Entwicklung auf den Plan. Der zentrale Begriff ist der der Systemliebe.
Er hat sein erlebnismäßiges Korrelat im sogenannten Sippengewissen,
welches darüber wacht, daß jedes Mitglied eines familiären
Lebenssystems sein Recht auf Zugehörigkeit zu seiner Sippe behält. Auf diesem Hintergrund zeigen sich bisher nicht
verstandene Gesetzmäßigkeiten als Folge der Loyalität zur Sippe, die
vor allem bei den Jüngsten besonders groß ist. So folgen Kinder einem
Elternteil in den Tod nach oder opfern ihr eigenes Leben, wenn sie sich
dadurch die Errettung eines bedrohten Elternteils versprechen.
Geschwister verzichten nicht selten auf ein eigenes gutes Leben, wenn
sie spüren, daß ihre oder Schwestern zu früh gestorben sind. Die Liebe
im und zum familiären Lebenssystem geht manchmal verworrene und nicht
auf den ersten Blick verständliche Wege. Insbesondere wenn das Leben
von Frauen der früheren Generation verlustig gegangen ist, kommt es zu
Akten der Loyalität bei männlichen Nachkommen, die ihre geschlechtliche
Ausrichtung maßgeblich beeinflussen können. Die von Hellinger zur
Meisterschaft entwickelte Methode des "Familienstellens" kann dem nach
dem Verständnis für seine Entwicklungsgründe Suchenden hier Aufschluß
geben.
Es ist noch zu früh, hier von
Erkenntnissen zu sprechen, die zu verallgemeinern wären. In den zu
besprechenden Einzelfällen, sollen jedoch diverse überraschende Wege
aufgezeigt werden, die die Systemliebe bei Männern mit homosexueller
Ausrichtung gegangen ist.
Zur Person:
Michael J. W. Angermaier. Geboren 1941. Prof. Dr. rer. nat. Studium der
Pädagogik und der Psychologie an den Universitäten Würzburg, Bonn und
Köln. Lehramtsexamen. Diplom in Psychologie. Promotion mit der Arbeit
"Legasthenie. Verursachungsmomente einer Lernstörung" an der
Universität Köln 1970. 1972 Professor an der Universität Frankfurt, ab
1974 an der Universität Köln. Weiterbildung zum Psychoanalytiker DGIP,
zum Hypnotherapeuten M. E. G. und zum Familientherapeuten der Deutschen
Gesellschaft für systemische Familientherapie. Langjährige
Zusammenarbeit mit dem Brief Family Therapy Center in Milwaukee und mit
dem Begründer der systembezogenen Therapie Bert Hellinger. Mitbegründer
des Milton Erickson Instituts und der Arbeitsgemeinschaft für
Verhaltenstherapie in Köln. Zahlreiche Veröffentlichungen, zuletzt
"Gruppentherapie - lösungsorientiert statt problemhypnotisiert."
Weinheim : Beltz PVU 1994.
English translation:
The Concept of Homosexual Development as Expression of System Love
according to the system-oriented Psychotherapy of Bert Hellinger
(Paper given in German)
With the epoch-making insights of Bert Hellinger's system-oriented
psychotherapy entirely new, and yet very old, concepts for
understanding human development enter the scene. They center around
"system love". This concept correlates, on the experience plane, with
the so-called "clan consciousness", guarding over each member of a
familial life system maintaining its right to membership to his/her
clan.
In this light regularities that could
not be understood so far turn out to be a consequence of clan loyalty,
especially marked among the youngest members. Thus children may follow
one parent into death, or sacrifice their own lives if they think this
would save the parent. Siblings not uncommonly renounce a good life for
themselves if they feel that their brothers or sisters died too early.
Love within and towards the familial life system sometimes follows
strange avenues, not easily understandable at first glance. Especially
when lives of women of the preceding generation have been lost, male
offspring may take recourse to acts of loyalty that may decisively
influence their sexual orientation. Those who seek an understanding of
their development may find clues in the method of "family diagnosing"
("Familienstellen") developed with impressive mastery by Hellinger.
It is too early yet to speak of
cognitions that may be generalized. Some indevidual cases, however,
will be discussed to show on which surprising ways system love has
taken men with homosexual orientation.
About the Author:
Michael J. W. Angermaier, born in 1941. Dr. rer. nat.,
Diplom-Psychologe, Professor (1972) at Franktfurt University, since
1974 at Köln (Cologne) University. Studied Education and Psychology at
Würzburg, Bonn, and Köln. Teaching exam. Dissertation thesis on
"Dyslexia. Causations of a Learning Disturbance" (Köln 1970).
Habilitation (postdoctoral university lecturing qualification) 1975 in
Köln with the Psycholinguistic Development Test PET. Continuing
education: psychoanalyst DGIP, hypnotherapist M. E. G., family
therapist (German Society for Systemic Family Therapy). - Many years of
co-operation with the Brief Family Therapy Center in Milwaukee and with
Bert Hellinger, founder of system-oriented therapy. Co-founder of the
Milton Erickson Institute and the Cologne Study Group for Behaviour
Therapy. - Numerous publications, most recently "Gruppentherapie -
lösungsorientiert statt problemhypnotisiert" (Weinheim: Beltz PVU
1994).
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